Du hast soeben die Zusage für Dein erstes Praktikum in einer Wirtschaftskanzlei[1] erhalten? Herzliche Gratulation! In diesem Blogpost möchte der CLC dir einige Tipps mit auf den Weg geben, die wir selber gerne vor Antritt unseres ersten Praktikums gewusst hätten.
Die Vorbereitung
Wir sind der Meinung, dass der Nutzen des gezielten Einlesens in Fachbücher begrenzt ist.[2] Einerseits geht es in deinem Praktikum hauptsächlich darum, einen Einblick in die Rechtspraxis zu erhalten – und weniger darum, sich bereits vor Antritt des Praktikums alle Fachbücher zu verinnerlichen. Zudem wirst du (hoffentlich) in einigen verschiedenen Themenbereichen oder sogar mehreren Rechtsgebieten tätig sein. Es dürfte also schwierig sein, sich zielgerichtet fachlich vorzubereiten. Selbstverständlich ist es nie verkehrt, das Grundlagenwissen vor dem Praktikum mithilfe der Standardwerke aufzufrischen. Ebenfalls ausgenommen ist eine explizite Anweisung deines künftigen Arbeitgebers, dich mit der Lektüre einschlägiger Bücher vorzubereiten – dies dürfte jedoch eher die Ausnahme sein.
Der erste Praktikumstag - First impression counts!
Unser wertvollste Tipp zur persönlichen Vorbereitung: Kein Stress. Versuche, dich auf das Praktikum zu freuen und mit einer positiven Einstellung an diesen Abschnitt deiner Karriere heranzutreten. Der erste Tag ist in der Regel vollgepackt mit den obligatorischen Begrüssungs- und Vorstellungsrunden, viel Händeschütteln und einigen IT-Einführungen. Du kannst dich also mehr oder weniger entspannen, am ersten Tag ist meist noch nicht viel zu leisten. Gleichwohl ist der erste Tag deine Chance, einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen. Um die Nervosität etwas zu lindern, kannst du dir für den ersten Tag deine persönliche «Background-Story» überlegen und dir bereits jetzt gedanklich ausmalen, wie du dich vorstellen möchtest. Wer bist du, wo studierst du, in welchen Fachgebieten liegen deine Interessen (und weshalb)?...
Betreffend Dresscode empfehlen wir, gepflegt und eher over- als underdressed zu erscheinen. Ein klassischer Anzug, kombiniert mit einem eleganten paar Schuhe (lasse die Sneakers am ersten Tag im Schrank und wähle stattdessen Loafers oder Schnürer), ist bestimmt keine schlechte Wahl. Am ersten Arbeitstag kannst du dann den «ungesprochenen Dresscode» scannen, und dich für die Folgetage entsprechend anpassen.
Die erste Woche
Es gehört schon fast dazu, dass sich in den ersten Wochen Probleme bei der IT ergeben. Hier gilt: lieber früher als später nachfragen und um Hilfe (der IT) bitten. Peinlich wird es erst, wenn du nach drei Tagen offenlegen musst, dass du bereits in den vergangenen Tagen IT-Probleme hattest und dementsprechend keine Aufgabe erledigen konntest.
Weiter ist es insb. zu Beginn des Praktikums normal, «Leerzeiten» zu haben, in welchen du keine direkten Aufträge erledigen kannst oder nicht gleich zum nächsten Meeting oder Einführungsveranstaltung hasten musst. Du kannst diese Zeit nutzen, um dich zu organisieren und zu informieren. Du kannst bspw. die automatische E-Mail-Signatur einrichten, dir einen Überblick über deinen Kalender verschaffen (hast du alle Termine auf dem Radar?) oder dich durch das Intranet klicken. Oft gibt es auch ein internes Verzeichnis der Mitarbeitenden – dort kannst du dich informieren, wem du bereits begegnet bist und versuchen, dir die Namen zu merken.
Allgemeine Tipps zur Arbeitsweise
Es ist von der Kanzlei, dem Team, den Fachgebieten und deinen Vorkenntnissen abhängig, welche Aufgaben du in deinem Praktikum erledigen wirst. Nachfolgend sollen deshalb einige allgemeine Tipps zur Arbeitsweise aufgeführt werden.
Vorgehensweise beim Erledigen von Aufgaben
In deinem Praktikum wirst du viele unterschiedliche Aufgaben erhalten. Die folgenden Tipps sollen dir bei einer geordneten Herangehensweise helfen.
Was ...
Notiere dir im Detail, was die Aufgabe beinhaltet und formuliere konkret, welche Aufgabe zu erledigen ist. Es ist sehr nützlich, immer einen Notizblock zur Hand zu haben. So verhinderst du, dass dir schon auf dem Weg zurück an deinen Schreibtisch die Hälfte des Sachverhalts entfallen ist und du bei deinem Auftraggeber nachhaken musst. Höre aufmerksam zu und stelle Fragen, wenn sich Unklarheiten ergeben.
CLC-Pro-Tipp: Wiederhole am Ende des Gesprächs kurz und knapp in einem Satz die Aufgabenstellung (in etwa: «Habe ich richtig verstanden, dass…»). So zeigst du, dass du aktiv zugehört und verstanden hast, um was es bei der Aufgabe geht und kannst allfällige Missverständnisse direkt aus dem Weg räumen.
... muss bis wann ...
Da viele Aufgaben Teil eines grösseren Projekts und deshalb an Fristen gebunden sind, hilft es für die Zeiteinteilung, nachzufragen, bis wann eine Aufgabe zu erledigen ist.
... in welcher Form erledigt sein?
Darüber hinaus solltest du in Erfahrung bringen, in welcher Form du die Aufgabe abliefern sollst. Manche Auftraggeber möchten dein Endprodukt als Anhang per Mail erhalten, andere schätzen eine ausgedruckte Version. Für Memos oder Schriftsätze gibt es oftmals Vorlagen. Auch für Powerpoint-Slides sind meistens Templates vorhanden, die es der Corporate Identity zuliebe zu benutzen gilt. Solche Vorlagen sind wertvoll und ersparen dir bei der Aufgabenbearbeitung enorm viel Zeit. Bei kleineren Abklärungen reicht es häufig aus, wenn du diese direkt als kurze Mail in Bulletpoints an deinen Auftraggeber sendest.
Weiteres
Expectation Management
Als Praktikant*in wird niemand von dir erwarten, dass du eine Due Diligence leitest oder eine Klageschrift komplett selbstständig verfassen kannst. Du bist im Praktikum, um genau in diesen Bereichen erste Erfahrungen zu sammeln. Was erwartet wird, ist eine saubere und genaue Arbeitsweise, angefangen von der Kommunikation und der Erfassung eines Auftrags bis zum Abliefern desselben.
Time Management
Anwält*innen arbeiten nach Fristen, seien es interne oder externe Fristen. Bekommst du eine Aufgabe, bspw. für eine Recherche, kann es sehr gut sein, dass diese für ein Mandat (und deshalb innert nützlicher Frist) benötigt wird. Rule Nr. 1 ist deshalb, Fristen einzuhalten. Um dir deine Zeit einteilen zu können, kannst du deshalb direkt beim Erfassen des Auftrags nachfragen, wann dieser abgeliefert werden soll (s. auch unten, Vorgehensweise beim Erfassen eines Auftrags). Merkst du, dass du diese Frist nicht einhalten kannst, melde dies frühzeitig und frage nach Hilfe.
Kommunikation
Die meiste Kommunikation wird per E-Mail oder Teams ablaufen. Wenn du Dokumente erstellt hast, wirst du diese meistens per E-Mail «abgeben». Gehe in diesem Mailverkehr stets freundlich mit deinem Gegenüber um und zeige dich hilfsbereit und verantwortungsbewusst für deine erledigten Aufgaben. Ein paar Standardsätze bereitzuhalten, erleichtert diese Kommunikation: «Lasse es mich wissen, sollten noch Anpassungen am Dokument notwendig sein…» o.Ä. zeigen, dass du gewillt bist, deine Aufgabe zu erledigen. Auch kannst du dir eine Standard-Grussformel überlegen, die du konsistent verwendest (bspw. «LG, Name»).
Feedback?
Die Mitarbeitenden einer Wirtschaftskanzlei und insb. die Anwält*innen sind vielbeschäftigt und haben einige Mandate auf dem Tisch. Es kann deshalb vorkommen, dass sie nicht daran denken, dir ein ausführliches Feedback zu deinen Aufgaben zu geben. Dies sagt per se noch nichts über die Qualität der Arbeit aus. Nachfragen, ob du etwas hättest besser machen können, ist deshalb ein guter Weg, Feedback einzuholen – sofern dies nicht aufdringlich gemacht wird.
Die letzten Wochen
Die letzten Wochen des Praktikums brechen meist schon an, sobald man sich etwas eingelebt hat. Die sozialen Kontakte haben sich etwas eingependelt, und man hat schon einige Erfahrungen sammeln dürfen. Zeit, darauf anzustossen! Trau dich ruhig, deine Mitpraktikant*innen, Substis und Anwält*innen, mit welchen du besonders viel Zeit verbracht hast, einmal nach einem Lunch oder einem Drink nach der Arbeit zu fragen. Bestimmt gibt es auch Events der Kanzlei, an welchen du teilnehmen und so das Umfeld auch auf einer persönlicheren Ebene kennenlernen kannst.
Der Abschied
Dein Abschied ist eine gute Gelegenheit, auf ein gelungenes Praktikum anzustossen. Selbstverständlich erwartet niemand, dass du aus eigener Hand einen Apéro Riche aus dem Boden stampfst (zumal der Geldbeutel eines/einer Praktikanten/Praktikant*in womöglich durch anderweitige Ausgaben strapaziert wurde). Es wird aber bestimmt sehr geschätzt, wenn man sich verabschiedet, in dem man bspw. einen Znüni (Gipfeli?) oder einen Zvieri (Kuchen?) mitbringt. Der Abschied ist ebenfalls eine Möglichkeit, sich nochmals persönlich bei den Personen zu bedanken, welche einem besonders nahe begleitet haben.
Am Ende des Praktikums steht meistens auch ein Feedback-Gespräch zu deiner Leistung im Praktikum – hierbei wünschen wir dir viel Erfolg und wer weiss, vielleicht erhältst du ja ein Angebot für ein Substitutenjahr.
Der CLC drückt die Daumen!
[1] Dieser Blogpost möchte spezifisch auf Kurzpraktika bei Wirtschaftskanzleien eingehen. Insb. die Tipps zur generellen Arbeitsweise können aber selbstverständlich auch für Praktika bei Arbeitgebern wie bspw. Beratungsfirmen sinngemäss angewendet werden.
[2] Vgl. auch Fabio Elsener in unserem Podcast zum Thema «Kurzpraktikum in Wirtschaftskanzleien».